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Analyse der laufenden öffentlichen Ausschreibungen im Reinigungs­sektor – Ergebnisse Teil 3

Wie im letzten Teil der Artikelreihe aufgezeigt, konnten in den analysierten 160 Vergabeverfahren nur 54 Zuschlagskriterien zu Nachhaltigkeit identifiziert werden, die sich wiederum auf nur 27 verschiedene Vergabeverfahren verteilten. Im Umkehrschluss heißt das: In den übrigen 133 untersuchten Vergabeverfahren wurde ausschließlich nach anderen qualitativen Kriterien und dem Angebotspreis vergeben. Natürlich können sich auch Leistungs- und Qualitätskriterien indirekt positiv auf die ökologische Nachhaltigkeit auswirken; in diese Analyse wurden jedoch nur konkret benannte Umweltkriterien einbezogen.

Kategorisierung der Zuschlagskriterien

Inhaltlich lassen sich die Zuschlagskriterien mit direktem Bezug zu Nachhaltigkeit auf 10 Kategorien verteilen: Mit Abstand am häufigsten werden ausgearbeitete Umweltmanagementsysteme mit mehreren Komponenten gefordert. Dazu können z.B. Kombinationen aus mehreren der in der folgenden Grafik aufgeführten Einzelmaßnahmen gehören, wie umweltfreundliche Inhaltsstoffe, Dosierhilfen, Zertifizierungen und Schulungen für eine umweltfreundliche Produktanwendung.

Abbildung 1: Verteilung der nachhaltigen Zuschlagskriterien nach Kriterien-Inhalten

Spannend wird es, wenn man den Blick auf die Gewichtung der Zuschlagskriterien richtet. Im Einzelnen wurden bei den umweltbezogenen Zuschlagskriterien Gewichtungen zwischen 0,59 % und 20 % herangezogen. Der Mittelwert der Gewichtung der Nachhaltigkeitskriterien liegt bei den 27 Verfahren, in denen diese angewendet wurden, bei 10,25 %. Betrachtet man die Gesamtheit der 160 analysierten Verfahren, beträgt der Anteil an Nachhaltigkeit in den Zuschlagskriterien im Mittel nur 1,73 %.

H2 Ungewöhnliche Zahlen wie 0,59 % entstehen u. a. durch die in den Vergabeunterlagen angeführten Umweltkonzepte. Das Forschungszentrum Jülich beispielsweise verteilte 10 Zuschlagspunkte auf ein Implementierungs- und Umweltkonzept, das anhand von 17 Fragen dargestellt werden konnte. Für die Beantwortung jeder dieser Fragen wurden 0,59 Punkte vergeben. 12 der Fragen bezogen sich auf die Implementierung, 5 auf das Umweltkonzept, sodass insgesamt 2,95 % des Zuschlags konkret auf Umweltkriterien entfielen.

Beispiel der Stadt Ludwigsburg

In einem der 160 analysierten Verfahren vergab die Stadt Ludwigsburg 20 % auf Cradle to Cradle Kriterien – und damit die höchste Gewichtung auf Nachhaltigkeitsaspekte. In einer vom Bieter auszufüllenden Matrix wurden den ausgeschriebenen Reinigungsmitteln und -artikeln bestimmte Ausschluss- und Bewertungskriterien zugeordnet. Zudem wurde angegeben, in welcher Form Nachweise zur Nachhaltigkeit der Produkte erbracht werden können. So mussten die gesuchten Allzweckreiniger beispielsweise Cradle to Cradle-Kriterien erfüllen, was mit dem Gütezeichen Cradle to Cradle® (Zertifizierungslevel Bronze oder höher) oder einem vergleichbaren Gütezeichen nachzuweisen war. Handpflegeseifen wiederum mussten die Kriterien des EU-Ecolabels oder des Blauen Engels erfüllen, nachweisbar durch die jeweils gleichnamigen Gütezeichen oder vergleichbare Labels. Das ausgeschriebene Vollwaschmittel hingegen wurde mit einer Kombination aus Ausschluss- und Zuschlagskriterium bewertet. Das Produkt sollte mindestens die Kriterien des EU-Ecolabels oder des Blauen Engels erfüllen; für die Einhaltung der Cradle to Cradle-Kriterien wurden jedoch zusätzliche Punkte vergeben. Die Nachweise konnten wiederum über die jeweiligen Labels oder vergleichbare Gütesiegel erfolgen.

Fazit

Grundsätzlich müssen nicht alle Nachhaltigkeitskriterien auf der Verfahrensstufe des Zuschlags verankert sein. Im Gegenteil ergibt es sicherlich sogar Sinn, bestimmte Aspekte bereits als Ausschlusskriterien in die vorgeschaltete Spezifikations- oder Qualifikationsstufe einzubetten. Um jedoch die Bieterzahl – und damit den Wettbewerb – nicht zu stark einzuschränken, kann die Leistung auf diese Weise nicht zu stark an ihrer Nachhaltigkeit gemessen werden. Idealerweise werden die Kriterien folglich auf mehrere Verfahrensstufen verteilt. Mittels spezifischer Ausschlusskriterien können besonders umweltkritische Angebote bereits vorab herausgefiltert werden. Um auch in der Zuschlagsphase den Wettbewerb nicht zu vernachlässigen, können Punkte sowohl auf den Preis als auch auf das Nachhaltigkeitskonzept des Angebotes vergeben werden.